
Einkauf vs. Supply Chain Management – Eine Rivalität wie Köln und Düsseldorf?
Wir kennen diese stereotypische Diskussion: der Einkauf schaut nur auf die Preise und das SCM glaubt, dass jeden Tag ein Vulkan oder eine Pandemie ausbricht. Und wenn dann irgendetwas schiefläuft, geben beide sich gegenseitig die Schuld. Diese Rivalität ist so ein bisschen wie Köln und Düsseldorf. Jeder glaubt für sich, dass er die bedeutendere Stadt am Rhein ist und den besseren Karnevalsumzug hat.
Während der Einkauf traditionell für die Beschaffung von Materialien, Produkten und Dienstleistungen verantwortlich ist, umfasst das Supply Chain Management (SCM) den kompletten Warenfluss vom ersten Lieferanten bis zum Kunden. Somit also von der Produktionsplanung über die Disposition und Arbeitsvorbereitung bis hin zu Logistik und Lagermanagement. Beide Bereiche sind in der Wertschöpfungskette essenziell – doch welcher ist nun wichtiger?
Wenn man sich den Einkauf anschaut, werden vor allem folgende Vorteile sichtbar:
- Kosteneffizienz: Der Einkauf zielt primär darauf ab, Produkte und Dienstleistungen zu den besten Konditionen zu beschaffen – sei es durch Mengenrabatte, Verhandlungen, Produktentwicklungen (zusammen mit der Technik) oder durch die Wahl günstiger Lieferanten.
- Lieferantenmanagement: Einkaufsexperten bauen enge Beziehungen zu Lieferanten auf und sichern dadurch Qualität, Zuverlässigkeit und Innovationsfähigkeit.
- Marktkenntnis: Ein gut organisierter Einkauf kennt den Beschaffungsmarkt, identifiziert Trends frühzeitig und kann auf Marktveränderungen flexibel reagieren.
- Risikomanagement: Durch gezielte Vertragsgestaltung, Diversifizierung von Lieferanten und Marktanalysen trägt der Einkauf zur Risikominimierung bei.
Ein Blick auf das SCM bringt folgende Vorteile hervor:
- Ganzheitlicher Überblick: SCM betrachtet den gesamten Material- und Informationsfluss – vom Rohstoff bis zum Endkunden. Dies ermöglicht eine strategische Steuerung aller Prozesse.
- Effizienzsteigerung: Durch abgestimmte Planung von Produktion, Logistik und Lagerung können Durchlaufzeiten minimiert und Bestände optimiert werden.
- Reaktionsfähigkeit: SCM-Systeme ermöglichen es Unternehmen, flexibel auf Marktveränderungen oder Lieferengpässe zu reagieren.
- Kundenzufriedenheit: Ein gut funktionierendes SCM sorgt für termingerechte Lieferungen und stabile Qualität – beides entscheidende Faktoren für Kundenzufriedenheit.
Fazit: Zusammenarbeit statt Wettbewerb
Nachdem ich viele Jahre globale Einkaufsorganisationen aufgebaut und nun seit einigen Jahren einen immer stärkeren Fokus auf das SCM habe, kann ich folgendes sagen: Die Diskussion, ob der Einkauf wichtiger ist als das Supply Chain Management oder umgekehrt, führt in die Irre. Vielmehr ist es entscheidend, beide Bereiche als miteinander verzahnte Einheiten zu verstehen, um alle Vorteile zu nutzen. Der Einkauf liefert essenzielle Informationen und Beziehungen in die Lieferkette hinein – das SCM sorgt für die nahtlose Integration dieser Informationen in den Gesamtprozess.
Es empfiehlt sich, den Einkauf nicht als unabhängige Abteilung zu sehen, sondern als integraler Bestandteil des SCM. Nur durch enge Zusammenarbeit können Materialflüsse, Produktionspläne, Lagerbestände und Lieferzeiten optimal aufeinander abgestimmt werden. Unternehmen, die Einkauf und SCM gemeinsam denken, profitieren von Effizienz, Transparenz und strategischem Weitblick.
Und so sollten es auch Köln und Düsseldorf sehen. Statt darüber zu diskutieren, wer die wichtigere Stadt ist, sollten beide das Karnevalsgut hochhalten und den Touristen ein tolles Event von Altweiberfassnacht bis Rosenmontag in beiden Städten bieten.