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Partnerschaftliche Verhältnisse zu Lieferanten sind viel lukrativer
Geschrieben von:  Frank Sundermann | | Geschätzte Lesezeit 5 Minuten

Partnerschaftliche Verhältnisse zu Lieferanten sind viel lukrativer

Einkäufer haben seit Jahren mit Versorgungsengpässen und hohen Einkaufspreisen zu kämpfen. Entspannung ist nur bedingt in Sicht. Worauf es für Mitarbeiter im Einkauf derzeit ankommt, weiß Frank Sundermann. Im Inside-Business-Interview nimmt er Stellung zu vielen Fragen, die den Umgang mit Versorgungsengpässen betreffen.

Herr Sundermann, bei vielen Warengruppen gab es durch die Corona-Pandemie und dem Ukraine-Konflikt massive Lieferschwierigkeiten. Wie ist die Lage aktuell?

Engpässe bestehen weiterhin in vielen Bereichen. Vor allem bei Elektronikteilen sind diese noch sehr ausgeprägt, da derzeit schlichtweg nicht mehr produziert werden kann. Der Stahlmarkt hat sich zwar noch nicht vollends entspannt, hier sieht es aber nicht mehr ganz so dramatisch aus wie zu Beginn des Krieges in der Ukraine. Und auch die Nachfrage nach Holz wird durch die Zinserhöhungen und den damit verbundenen Rückgang bei Bauvorhaben mutmaßlich nachlassen, sodass auch in dieser Warengruppe die Engpässe geringer werden dürften.

Können Sie prognostizieren, ob sich die Lage in mittelfristiger Zukunft wieder normalisieren wird?

Im Elektronikbereich erwarten wir zum Jahreswechsel 2022/23 erste Entspannungen, da dann neue Fertigungskapazitäten zur Verfügung stehen werden. Doch aufgrund des großen Wachstums hin zu intelligenteren Produkten wird die Beschaffung in diesem Segment auch in den kommenden Jahren noch Probleme bereiten. Bei den anderen Warengruppen sehe ich mittelfristig schon eine Art Normalisierung, obwohl wir vermutlich nicht auf die Preisniveaus der Vor-Corona-Zeit zurückkehren werden. Aber die ersten Preisindizes sind schon rückläufig.

Wie kann ein präventives Risikomanagement aussehen?

Einkäufer sollten sich im Vorwege Gedanken machen, welche Risiken beispielsweise bei den einzelnen Lieferanten auftreten könnten. Das mag bei einem der Ansprechpartner sein, mit dem die Kommunikation schwierig ist, bei einem anderen die Bonität des Lieferanten, die ins Wanken geraten könnte. Dann gilt es, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, also einen anderen Ansprechpartner mit dem Lieferanten abzustimmen oder sich einen Alert zu setzen, wenn die Bonität weiter sinkt, um frühzeitig vor einer drohenden Insolvenz einen alternativen Lieferanten aufzubauen.

Früher galt: Wer die besten Preise verhandeln konnte, war der Einkäuferkönig. Geht es heutzutage nicht vielmehr darum, sich mit den Lieferanten gut zu stellen, anstatt sie als „Verhandlungsgegner“ zu betrachten?

Partnerschaftliche Verhältnisse zu Lieferanten sind heute aus zwei Gründen viel lukrativer: Erstens funktioniert diese Hau-drauf-Methode in Verkäufermärkten nicht; da verabschiedet sich der Lieferant ganz schnell, wenn ihm der Einkäufer immer nur knallhart gegenübertritt. Punkt zwei: Einkäufer sind oft auf das Know-how des Lieferanten angewiesen. Stehen beide in einem partnerschaftlichen Verhältnis, bietet der Lieferant von sich aus vielleicht alternative Produkte an, die viel besser in das Anforderungsprofil passen würden oder günstiger sind. Lieber 15 Prozent durch eine Materialänderung einsparen als zwei Prozent durch die x-te Nachverhandlung.

Wenn Lieferanten im Zuge von Engpässen die Preise erhöhen oder hohe Preise beibehalten wollen: Haben Sie Tipps parat, wie Einkäufer diese abwehren können?

Wir kommen langsam wieder in eine Zeit, in der wir die zugestandenen Preiserhöhungen zurückholen können. In den vergangenen Jahren hatten wir einen klaren Verkäufermarkt, in dem die Lieferanten die Preise mehr oder weniger bestimmen konnten. Nun dreht sich das langsam, sodass Einkäufer mit Verweis auf die Preisindizes wieder Nachlässe fordern können. Doch selbst wenn aktuell noch die Faktenlage gegen einen Preisabschlag spricht, können Einkäufer mit einer emotionalen Verhandlungsstrategie Rabatte erzielen – etwa, wenn sie an Situationen in der Vergangenheit appellieren, als sie dem Lieferanten geholfen haben oder indem sie ihm das Wachstum aufzeigen, das ohne den Einkäufer als verlässlichen Partner kaum zustande gekommen wäre. Und nicht zuletzt sind Preisgleitklauseln ein gutes Instrument, um Einkaufspreise an fallende Preisindizes zu koppeln. Das erspart generell viele langwierige Verhandlungen, da mit der Kopplung ein Automatismus gegeben ist.

Früher hatte der Arbeitsalltag von Einkäufern zum Großteil operativen Charakter: Was fehlte, wurde bestellt. Wie hat sich dieser Alltag in den vergangenen Jahren verändert?

Einkäufern wird heute viel mehr strategisches Arbeiten und analytisches Denken abverlangt. Zudem wird der Einkäufer als Folge der Versorgungsengpässe immer mehr zum Dauerproblemlöser. Kaum ist das eine Hindernis beseitigt, steht schon das nächste an. Das führt teilweise zu enormem Stress, den viele Einkäufer nach 2,5 Jahren Versorgungsengpässen nicht mehr zu tragen bereit sind und entweder die Firma wechseln oder komplett aus dem Einkauf ausscheiden.

Fehlt denn vielerorts die Wertschätzung für den Einkauf?

Ich glaube, den meisten Entscheidern ist schon bewusst geworden, welche Relevanz der Einkauf im Unternehmen hat. Doch das müssen sie die Beschäftigten auch spüren lassen: Ein Einkaufsleiter, der aktuell keine Personalgespräche mit seinen Mitarbeitern führt und sich nach deren Bedürfnissen erkundigt und diese auch weitgehend befriedigt, handelt grob fahrlässig. Denn der Markt an Einkäufern ist knapp.

Erschienen bei:

wlw - Inside Business, 05.09.2022

Mehr zum Thema

In Zusammenarbeit mit der BME Akademie GmbH bietet Frank Sundermann zum Thema „Systematischer Umgang mit Engpassmaterialien“ ein Online-Seminar am 19. September 2022 an. Zielgruppe sind Fach- und Führungskräfte aus Einkauf, Materialwirtschaft und Supply-Chain-Management, die von Material-Engpässen betroffen sind. Weitere Informationen finden Sie hier.

Titelbild: soualexandrerocha

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