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Rollenprofile: Schafft den bisherigen strategischen und operativen Einkauf ab
Geschrieben von:  Frank Sundermann | | Geschätzte Lesezeit 7 Minuten

Rollenprofile: Schafft den bisherigen strategischen und operativen Einkauf ab

Ich bin in 1972 geboren und in den achtziger Jahren in die Schule gegangen. Ein Klassenkamerad ist damals Radio- und Fernsehtechniker geworden, eine Kameradin wurde Schneiderin. Beide Berufe sind heutzutage verschwunden. Er hat sich weiterqualifiziert zum Informationselektroniker, sie habe ich aus den Augen verloren. Denn Elektronikgeräte, die nicht mehr repariert werden, und Kleidung, die aus Asien kommt, haben diese Berufe überflüssig gemacht. Damals konnte man sich das nur schwer vorstellen und leider haben die beiden (oder deren Eltern) die damals schon erkennbaren Entwicklungen nicht gesehen oder nicht wirklich ernst genommen.

Generell tut sich der Mensch schwer im Erkennen von langsamen, aber tiefgreifenden Entwicklungen. Somit ist es umso wichtiger, auch im Einkauf zu schauen, welches dies sind.

Ich nehme dort folgende Megatrends wahr:

  • Künstliche Intelligenz: Mittels KI lassen sich heutzutage in Sekundenschnelle Daten analysieren, Muster erkennen und somit Antworten geben, wo bisher der Mitarbeiter mittels Google zunächst noch stundenlang recherchieren musste.
  • Automatisierung: Automatisierung ist mehr als Digitalisierung. Mittels Robotic Process Automation lassen sich Prozesse automatisieren, ohne dass ein Mitarbeiter noch etwas machen muss. Und mit KI werden diese Prozesse auch intelligenter und teilweise verlässlicher ausgeführt als von so manch einem Mitarbeiter.
  • Engpässe: Pandemien, Kriege, Zölle etc. Die Welt ist volatiler geworden. Wir müssen schneller auf neue Regularien sowie drohende Engpässe reagieren und in einem permanenten Ausnahmezustand Lösungen finden und handeln.
  • Fachkräftemangel: Den Einkauf trifft es besonders hart, da er schon immer in der hinteren Tabellenhälfte der beliebtesten Abteilungen im Unternehmen gespielt hat. Und dies wird demnächst noch extremer, da keine High Potentials ins Hinterland zum mittelständischen Hidden Champion wollen.

Diese vier Themen werden in den nächsten Jahren mehr und mehr Bedeutung einnehmen und somit den Einkauf maßgeblich in seiner Organisation und dessen Rollenbilder beeinflussen. Die Frage ist also, wie wir uns im Einkauf aufstellen müssen, damit wir später nicht eine Mannschaft von Radio- und Fernsehtechnikern haben, die jedoch die zukünftigen Anforderungen nicht erfüllen können.

Und da ich ein Freund der unmissverständlichen Worte bin, lautet meine einfache und klare Botschaft:

SCHAFFT DEN STRATEGISCHEN UND OPERATIVEN EINKAUF AB!

Wer den zukünftigen Herausforderungen des Einkaufs gerecht werden will, der wird dies mit diesen tradierten Rollenbildern nicht erreichen. Sie waren passend in den letzten 30 Jahren, aber es ist jetzt wichtig, den Umbau einzuleiten. Denn die Welt braucht demnächst keine tippfleißigen Bestellabwickler und Pivot-affinen Tabellenjongleure mehr.

Somit schließt sich die Frage an, wie die neuen Profile der Zukunft aussehen sollten. Hier meine Antwort:

Procurement Process-Manager (PPM)

Wo früher noch der operative Einkäufer Banfen bearbeitet, Bestellungen erzeugt, AB‘s gepflegt und Preisinfosätze eingetragen hat, wird dies durch KI gesteuerte Prozesse übernommen, restlos und ohne Ausnahme. Und wer meint, dass dies nicht ohne den Menschen geht, der arbeitet bisher sehr situativ und ggf. unstrukturiert. Diese automatisierten Prozesse für die jeweiligen Situationen sind zu konfigurieren und zu implementieren. Dazu bedarf es Mitarbeiter, die die Erfahrung aus dem bisherigen Geschäft mitbringen. Und da heutzutage Prozesse automatisiert werden können ohne tiefere Programmierkenntnisse zu haben, wird dies durch die operativen Einkäufer erfolgen, die die Weiterentwicklung zum Procurement Process Manager einschlagen wollen. Vergleichbar ist dies mit der Weiterentwicklung des Radio- und Fernsehtechnikers zum Informationselektroniker, die heutzutage auf dem Arbeitsmarkt absolut begehrt sind. Für Sie als Einkaufsleiter heißt dies, dass bei einer Nachbesetzung im operativen Einkauf keiner eingestellt wird, der mal eben ein paar Bestellungen und AB’s abarbeiten soll. Entscheiden Sie sich für jemanden, der Prozesse gestalten kann, logisch denkt und gerne mit KI arbeitet.

Procurement Relationship-Manager (PRM)

Auch bei den strategischen Einkäufern wird es zu einem signifikanten Wechsel des Aufgabenfeldes kommen. Daten recherchieren, Tabellen & Charts aufbereiten, Anfragen durchführen. In ein paar Jahren alles Schnee von gestern, da die KI-Tools dies viel schneller können und demnächst auch treffsicherer werden in dem Ziehen von Rückschlüssen für Maßnahmen und Strategien.
Was aber kann die KI nicht? Meine Antwort: Beziehungen zwischen Lieferanten oder Schnittstellenpartnern aufbauen, pflegen und ggf. auch reparieren. Auf diese ureigenste menschliche Aufgabe wird es in Zukunft ankommen, da Geschäfte mit wichtigen Partnern immer noch zwischen Menschen gemacht werden. Somit sind die Softskills z.B. Beziehungsmanagement mit Stakeholdern oder Resilienz in Stresssituationen aufzubauen bzw. weiter zu professionalisieren.

Data Lake Manager (DLM)

Allein mit neuen Rollenbildern für strategischen und operativen Einkauf ist es nicht getan. Wenn die Datengrundlage für die oben erwähnte Automatisierung sowie für die Nutzung der künstlichen Intelligenz nicht gegeben ist, dann schaffen Sie nur zahnlose Papiertiger. Damit ist die Rolle des „Data Lake Manager“ (DLM) geboren und einige Unternehmen haben diesen auch schon. Machen Sie nicht den Fehler und verlassen sich auf die IT-Abteilung in Ihrem Hause. Diese ist in den meisten Unternehmen chronisch überlastet und hat kein spezifisches Know-how, welche Daten Sie im Einkauf benötigen. Der DLM verknüpft interne und externe Datenquellen und erstellt eigene Data Lakes für den Einkauf, auf Basis dessen der Procurement Process Manager (PPM) seine Prozesse aufbauen und der Procurement Relationship Manager (PRM) seine Anfragen automatisiert laufen lassen kann. Übrigens handelt es sich dabei nicht um DEN Data Lake Manager. Stellen Sie sich darauf ein, dass hier mehrere Personen tätig sind.

Regulation & Sustainability Manager (RSM)

LkSG, EUDR, REACH, CBAM sowie die sich ändernden Zollvorschriften machen die Welt komplexer, was die Regulatorik angeht. Hier ist es wichtig, dass einer den Überblick behält und ggf. die Kollegen schnell darüber informiert, was dies für die Lieferantenbeziehungen, die Prozesse und die dafür aufzubereitenden Daten bedeutet.

Sicherlich gibt es noch weitere Sonderrollen z.B. wie den Procurement Engineer als Schnittstelle zur Entwicklung, die aber nicht auf jedes Unternehmen zutreffen werden. Somit möchte ich dies hier nicht weiter vertiefen.

Was aber für alle gleichbleibt, ist die Führung des Einkaufs durch den Einkaufsleiter. Ändert sich hier etwas? Ja und das ist die Art der Führung. In zukünftigen Organisationen, die mehr und mehr dezentral und via Webmeetings agieren, ist die koordinierende Rolle umso wichtiger. Weniger als ein kontrollierender Chef, der bei großen Verhandlungen übernimmt. Sondern vielmehr als Coach für seine Mitarbeiter, der diesen ein Sparring für die eigenen Umsetzungslösungen bietet und mehr über Ziele führt. Ich bezeichne ihn gerne auch als „spanischen König“, der im Mittelalter durch die verschiedenen Königreiche Spaniens gereist ist, um die Einheit zu festigen. Ein Einkaufsleiter einer Unternehmensgruppe sollte mehr in den verschiedenen Gesellschaften vor Ort sein als alles aus der Zentrale per Anweisungen zu steuern.

Wer jetzt ins Nachdenken gekommen ist, wie er seinen Einkauf in Zukunft aufstellen muss, dem sei gesagt, dass die Umstellung auf die neuen Rollenprofile nicht von heute auf morgen gelingt. Schrittweiser Umbau der Organisation, Qualifizierung gemäß der neuen Rollenbilder und Mitnahme der Mitarbeiter im Change-Prozess sind wichtige Punkte, damit die Entwicklung vom Radio- und Fernsehgeschäft zum Industrieelektronik-Unternehmen erfolgreich gelingt. Sollten Sie jemanden benötigen, der dafür Konzepte, Vorgehensweisen und Trainings hat, kann gerne auf mich zukommen.

 

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