Praktische Tipps bei "War for Talents" im Einkauf

Das Aufgabengebiet eines modernen Strategischen Einkaufs ist deutlich breiter und komplexer geworden: Lieferantenmanagement, Materialgruppenmanagement, Gestaltung der Logistik, Digitalisierung der operativen Prozesse (z.B. EDI, eAuctions, RPA), Internationale Lieferbeziehungen, Risikomanagement und zunehmende regulatorische und gesetzliche Anforderungen erfordern Mitarbeiter, die das alles beherrschen. Zudem wird inzwischen erwartet, dass der Einkauf sich frühzeitig in die Entwicklung einbringt, Innovationen von Lieferanten entdeckt und fürs Unternehmen sichert und komplexe Projekte zur Prozessoptimierung im Einkauf erfolgreich umsetzt. Und es bleiben weiterhin die klassischen Themen Preisverhandlungen, Lieferverzögerungen und Qualitätsprobleme.

Der Einkauf begegnet diesen erhöhten Anforderungen zum einen mit speziellen neuen Rollen wie z.B. Supplier Quality Engineers, Materialgruppenverantwortliche oder Prozessgestalter und zum anderen wird in Bezug auf die Qualifikation aufgerüstet.

Gute, hoch qualifizierte Mitarbeiter im Einkauf sind daher ausgesprochen gefragt. Aber wie kann man sich in diesem „War for Talents“ nun behaupten?

1. Vorhandene gute Mitarbeiter halten

Die guten Mitarbeiter, die Sie haben, müssen Sie nicht erst finden oder überzeugen, aber halten. Sorgen Sie also dafür, dass sich Ihre Mitarbeiter wohl fühlen und Spaß an ihrer Arbeit haben. D.h. nicht Laissez-faire und Kuschelkurs aber Respekt, Anerkennung, und spannende Aufgaben. Die Rahmenbedingungen - Arbeitsgerät, Qualifizierungsmöglichkeiten und Home-Office und flexible Arbeitszeitregelungen - sollten angemessen sein:

2. Gute neue Mitarbeiter für den Einkauf gewinnen

Wenn Sie ein Umfeld geschaffen haben, in dem Sie Ihre guten Mitarbeiter halten können, haben Sie auch sehr viel dafür getan, erfolgreich neue gute Mitarbeiter für Ihr Unternehmen zu rekrutieren.

Attraktivität des Unternehmens und Reiz der Aufgabe

Investieren Sie in ein gutes Employer Branding. Ihr Unternehmen muss (zumindest regional) bekannt und attraktiv sein, um gute Bewerber zu locken.

Arbeiten Sie klar heraus, was Ihr Unternehmen attraktiv und reizvoll für Bewerber macht – sowohl in Bezug auf das gesamte Unternehmen aber auch in Bezug auf Ihren spezifischen Einkauf. Arbeiten Sie zudem heraus, was die zu besetzende Position interessant für Bewerber macht. Das sind Punkte, die Sie in der Stellenanzeige dann auch hervorheben sollten.

Weiche Faktoren

Gerade für jüngere Generationen spielen weiche Faktoren eine zunehmende Rolle bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes. Dazu gehört z.B. die Work-Life-Balance. Spätestens die Pandemie hat die Erwartungshaltung in Bezug auf flexible Arbeitszeiten und -orte dramatisch verändert. In vielen Stellenanzeigen steht die Möglichkeit für Remote-Work inzwischen sogar in der Titelzeile der Anzeige und „Home-Office möglich“ ist z.B. bei Stepstone ein festes, sehr prominentes Auswahlfeld für Bewerber. Hier müssen Sie also Stellung beziehen und etwas anbieten. Auch die Themen „Purpose“ und die soziale Verantwortung eines Unternehmens sind heute wichtige Faktoren für Bewerber. Weiterhin haben Start-Ups Druck auf das Thema „Unternehmenskultur“ gemacht. Nun müssen sich in alteingesessene Unternehmen mit langer Tradition und sehr seriöser Unternehmenskultur nicht plötzlich alle duzen, einen Flipper anschaffen und nur noch in Sofas sitzen, aber ein allzu traditionell und streng hierarchisches Erscheinungsbild könnte den einen oder anderen guten Bewerber durchaus abschrecken.

Stellenanzeigen

Seien Sie sich im Klaren darüber, dass es sehr viele Stellenanzeigen für Fachleute aus dem Einkauf auf den einschlägigen Plattformen gibt. Heben Sie das besondere und reizvolle der Aufgabe und Ihres Unternehmens hervor.

TIPP: Nutzen Sie Ihre vorhandenen Mitarbeiter um Stellenanzeige zu „challengen“ – „Würdest Du das interessant finden?“

Active Sourcing

Nutzen Sie Active Sourcing – also die Direktansprache nicht aktiv suchender Personen, um gute Mitarbeiter anzuwerben. Wenn Sie das selbst nicht können, nutzen Sie qualifizierte Personalberater, die etwas von Einkauf verstehen, ein Gespräch auf Augenhöhe führen können und die fachliche Kompetenz von Kandidaten wirklich beurteilen können. Die Kosten dafür haben Sie oft nach einer einzigen guten Verhandlung oder durch die Vermeidung eines größeren Lieferproblems durch einen guten Mitarbeiter schnell amortisiert.

Angenehmer Bewerbungsprozess (Candidate Journey)

Sorgen Sie für ein positives Erlebnis in den Interviews. Alle Gespräche sollten sympathisch, professionell, angenehm in Erinnerung bleiben. Geschwindigkeit und Verlässlichkeit im Bewerbungsprozess sind wichtig. Wenn Sie zu lange für eine Entscheidung benötigen, schnappt sich ein anderes Unternehmen das Talent.

Interviews sollten gut vorbereitet sein. Der Lebenslauf muss von allen Beteiligten gründlich gelesen worden sein. Es sollte eine Abstimmung zwischen den Beteiligten vor dem Gespräch geben. Machen Sie sich außerdem genaue Gedanken dazu, wie Sie das Unternehmen und die Aufgabe gut darstellen können. Ein gutes Fachgespräch auf Augenhöhe erzeugt eine gute Atmosphäre und hinterlässt auch beim Bewerber einen positiven Eindruck. Zudem erfahren Sie sehr viel über seine Arbeitsweise und seine Expertise.

Junge Talente

Halten Sie einen guten Kontakt zu Universität und Hochschulen. Sehr viele Studenten bleiben bei dem Unternehmen, bei dem sie als Hilfskraft, Bachelorand oder Masterand waren. Und Sie lernen die jungen Mitarbeiter bereits intensiv kennen.

Sorgen Sie auch dafür, dass der Einkauf in Ihrer Berufsausbildung ein gutes und interessantes Bild abgibt. Der Einkauf steht hier in Konkurrenz zu Funktionen wie Marketing oder Vertrieb. Wenn bei der Station Einkauf dann der Eindruck von „2 Wochen lang Auftragsbestätigungen ins ERP-System eingepflegt“ bleibt während er/sie im Vertrieb zum Kunden mitgenommen wurde, ist es schwer jemanden später für den Einkauf zu begeistern.

Fazit

Die notwendige Qualifikation im Einkauf ist dramatisch gestiegen. Gute Mitarbeiter zu gewinnen, erfordert eine umfassende Ausrichtung des Unternehmens, professionelle Prozesse und eine sehr gute HR-Abteilung und/oder sehr gute Dienstleister.